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10.07.2020
Warenwirtschaft / OGG / Wein: Pflanzenschutz

Europäischer Rechnungshof zu Insekten und PSM

Der Europäischer Rechnungshof erstellt regelmäßig Sonderberichte, in denen er die Leistungen der Europäischen Union kritisch beurteilt. Aktuelle Berichte bewerten die Maßnahmen zum Insektenschutz, zur Biodiversität und zum Zulassungssystem für Pflanzenschutzmittel.

 

Am 9. Juli 2020 hat der Rechnungshof unter dem Titel „Schutz wilder Bestäuber in der EU — Initiativen der Kommission haben keine Früchte getragen“ seinen Sonderbericht 15/2020 (Pressemitteilung vom 9. Juli 2020) veröffentlicht. Danach haben die EU-Maßnahmen wilden Bestäubern keinen Schutz geboten. Die Biodiversitätsstrategie für das Jahr 2020 blieben im Hinblick auf die Verhinderung ihres Rückgangs weitgehend wirkungslos. Außerdem umfassten wichtige Politikbereiche der EU, darunter die Gemeinsame Agrarpolitik, keine spezifischen Verpflichtungen zum Schutz wilder Bestäuber. Hinzu komme, dass die EU-Rechtsvorschriften über Pestizide eine Hauptursache für den Verlust an wilden Bestäubern seien, so die Prüfer.

Im Jahr 2018 bemühte sich die Kommission durch die Einführung der Initiative für Bestäuber um Koordinierung ihres Ansatzes zur Eindämmung des Rückgangs wilder Bestäuber. Der Rechnungshof stellt nun fest, dass dies den Rückgang kaum aufgehalten hat und die Initiative besser verwaltet werden muss, damit ihre Ziele verwirklicht werden. Darüber hinaus würden im Rahmen der Biodiversitäts- und der Agrarpolitik sowie durch die Rechtsvorschriften über Pestizide keine angemessenen Maßnahmen zum Schutz wilder Bestäuber bereitgestellt.

Die Prüfer heben auch hervor, dass im Rahmen der aktuellen EU-Rechtsvorschriften über Pestizide keine geeigneten Maßnahmen zum Schutz wilder Bestäuber bereitgestellt werden können. Die derzeit geltenden Rechtsvorschriften umfassten zwar Schutzmaßnahmen für Honigbienen, die Risikobewertungen beruhten jedoch noch immer auf Leitlinien, die nicht mehr auf dem neuesten Stand und schlecht auf die rechtlichen Anforderungen und die jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse abgestimmt seien. In diesem Zusammenhang weisen die Prüfer darauf hin, dass der EU-Rahmen es den Mitgliedstaaten ermöglicht hat, weiterhin Pestizide einzusetzen, von denen angenommen wird, dass sie für massive Verluste von Honigbienen verantwortlich sind. So wurden beispielsweise zwischen 2013 und 2019 206 Notfallzulassungen für die Verwendung der Neonicotinoide Imidacloprid, Thiamethoxam und Clothianidin erteilt, obwohl ihre Verwendung seit 2013 beschränkt wurde und ihre Verwendung im Freien seit 2018 streng verboten ist.

Bezüglich des „Green Deal“ (Meldung vom 20. Mai 2020) empfehlen die Prüfer der Europäischen Kommission,

  • die Notwendigkeit spezifischer Maßnahmen für wilde Bestäuber in den 2021 zu ergreifenden Folgeaktionen und -maßnahmen für die Biodiversitätsstrategie der EU bis 2030 zu bewerten;
  • Maßnahmen zum Schutz wilder Bestäuber besser in die politischen Instrumente der EU für die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Landwirtschaft zu integrieren;
  • den Schutz wilder Bestäuber im Rahmen des Prozesses zur Bewertung der Risiken von Pestiziden zu verbessern.

Über die Beratungen auf Bundesebene haben wir mit Meldung vom 25. Juni 2020 berichtet.

 

Der Rechnungshof hat 2020 schon andere Berichte herausgegeben, die sich kritisch mit den politischen Vorgaben zur Landwirtschaft und deren Umsetzung auseinandersetzen:

In seinem Sonderbericht 13/2020: Biodiversität landwirtschaftlicher Nutzflächen – Der Beitrag der GAP hat den Rückgang nicht gestoppt vom Juni 2020 stellt der Rechnungshof fest, dass

  • die Formulierung der Agrarziele der EU-Biodiversitätsstrategie die Messung der Fortschritte erschwert,
  • die Art und Weise, wie die Kommission die Ausgaben für biologische Vielfalt im EU-Haushalt verfolgt, unzuverlässig ist,
  • die Auswirkungen der GAP-Direktzahlungen begrenzt oder unbekannt sind und
  • die Kommission und die Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums mit geringeren Auswirkungen bevorzugt haben.

Der Hof empfiehlt der Kommission hierin,

  • ihre nächste Biodiversitätsstrategie besser zu gestalten,
  • den durch Direktzahlungen und Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums geleisteten Beitrag zur Biodiversität zu verbessern,
  • die Ausgaben im Zusammenhang mit der Biodiversität genauer zu verfolgen und zuverlässige Indikatoren zu entwickeln, die sich für die Überwachung der Fortschritte bei der Biodiversität von Agrarland eignen.

In dem im Februar 2020 veröffentlichen Sonderbericht 05/2020: Nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln – begrenzter Fortschritt bei der Messung und Verringerung von Risiken (Meldung vom 12. Februar 2020) stellten die EU-Prüfer fest, dass mehrere Mitgliedstaaten im Verzug seien und es für die Landwirte nach wie vor nur wenige Anreize zur Einführung alternativer Methoden beim Pflanzenschutz gäbe.

 

Es ist davon auszugehen, dass die Kritikpunkte und die Empfehlungen des Rechnungshofes bei sämtlichen anstehenden Rechtssetzungsverfahren der EU Berücksichtigung finden. Das kann massive Auswirkungen auf die zukünftige Ausgestaltung der GAP und des Zulassungssystems für Pflanzenschutzmittel haben.



 
logo-signatur.png         Deutscher Raiffeisenverband e.V.
In Vertretung
Dr. Michael Reininger
Pflanzenschutz, Düngung, Gefahrstoffe,
Agrartechnik, Digitalisierung
 
Telefon: 030 856214-533

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